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Soroka's last nest

Dieses Portrait zeigt Soroka, wenige Monate vor ihrem Verschwinden.
A portrait of Soroka, few months before she disappeared.

Sorokas letztes Nest

Der Weg vom Camp zu den Bonobos ist fast immer ziemlich lang und als Sonya und Colin losgegangen sind, war es noch dunkel. Inzwischen hat sich der Himmel rosa gefärbt und sie machen ihre Stirnlampen aus. Sonya, die vorausläuft, entdeckt das Nest zuerst. Damit haben die Beiden nicht gerechnet. Zum einen stimmt die Position nicht mit der überein, die das Team am Vorabend auf dem GPS markiert hat. Außerdem ist das Nest mitten auf dem Waldweg. Bodennester sind bei Bonobos selten. Es kommt schon mal vor, dass ein Bonobo für eine Rast am Tag seinen Ruheplatz am Boden baut. Die lange Ruhephase während der Nacht verbringen sie jedoch immer in sicherer Höhe. Im Nest liegt Soroka, das älteste Weibchen der Ostkommune. Und sie ist allein, kein anderer Bonobo ist weit und breit zu sehen. Auch von ihrem Sohn Soso keine Spur. Ganz klar, hier ist irgendetwas nicht in Ordnung. Sorokas wirkliches Alter ist nicht bekannt aber ihr Aussehen deutet darauf hin, dass sie ein langes Leben hinter sich hat. Weitere Indizien die für ein hohes Alter sprechen sind, dass sie in den vergangenen zehn Jahren keine Kind bekommen hat und dass ihr Sohn Soso längst erwachsen ist. Wenn diese Hinweise nicht trügen, dann hat sie ihre „postreproduktive“ Lebensphase, bei Menschenfrauen spricht man von Menopause, erreicht.
Sonya und Colin haben sich in einiger Entfernung vom Nest hingesetzt und machen sich Notizen. Ihnen ist klar, dass sich vor ihren Augen etwas Ungewöhnliches abspielt. Seit mehreren Wochen berichteten Assistenten, dass Soroka abgemagert ist, langsamer läuft als sonst und manchmal Mühe hat, mit der Gruppe Schritt zu halten. Langsam richtet Soroka auf, macht ein paar Schritte und hockt sich gleich wieder hin. Sie kratzt sich die knochigen Schultern, die Haare sind stumpf und zerzaust und es sieht aus, als hätte ihr schon lange niemand mehr das Fell gepflegt. Allein gelassen hat die Gruppe sie jedoch bisher noch nie. Aber vielleicht ist es ja auch Soroka, die sich von den anderen abgesondert hat. Nach mehr als zwanzig Jahren Feldforschung im Wald von LuiKotale ist über das Leben der Bonobos ziemlich viel bekannt, nicht aber, wie es zu Ende geht. Das Verschwinden erwachsener Bonobos ist ein seltenes Ereignis und passiert ohne Vorwarnung. Nach einer längeren Pause steht Soroka auf und läuft langsam den offenen Pfad entlang. Bevor die magere Gestalt im dichten Pflanzengewirr verschwindet, dreht sich Soroka noch einmal um und blickt ruhig in Richtung der menschlichen Begleiter. Sonya und Colin entscheiden, ihr nicht weiter zu folgen. Sie kehren zu dem verlassenen Nest zurück, vielleicht dem letzten, was Soroka in ihrem Leben gebaut hat.

Soroka's last nest

The walk to the night nets site is usually quite long and when Sonya and Colin set off from camp, it was still dark. Now the sky is turning into a pale pink, bright enough to turn off their headlamps. Sonya who is walking in front sees it first: a flimsy bundle of leaves and twigs in the middle of the trail, a bonobo sleeping nest. The encounter comes as a surprise because the position does not match at all the one, that the team following the group on the day before has marked on the GPS. Moreover, the bundle of leaves and twigs is placed on the forest floor. During daytime, it can happen that a bonobo builds its resting place on the ground to have a nap but for the long night rest, nests are always located in the canopy of forest trees. The bonobo in the nest is Soroka, probably the oldest female of East community. And she is alone; no sign of another bonobo, even her son Soso is missing. Clearly, something is wrong here. Soroka's real age is unknown, but her appearance suggests that she has lived a long life. Indirect support for this assumption comes from the fact that she has not given birth for the past ten years, and that her son Soso who is usually in close proximity to his mother, has reached adulthood a long time ago. Taken together, it seems safe to say that Soroka has reached her "post-reproductive" phase of life, a life stage known as menopause in humans.
Sonya and Colin have sat down some distance from the nest and are taking notes. It is clear to them that something unusual is happening here. For several weeks, assistants have reported that Soroka’s health status is not good, that she is getting thinner, that she walks more slowly than usual and sometimes struggles to keep up with the group. Slowly Soroka straightens up, takes a few steps and sits down again. She scratches her bony shoulders, the hair is dull and messy; it looks as if it has not been groomed for a long time. Yet, until now the group has never left her alone. But maybe it is Soroka who has separated from the others. After more than twenty years of field research in the LuiKotale forest, a lot has been learned about the life of bonobos, but close to nothing about how it ends. The disappearance of adult bonobos is a rare event that happens usually without warning - individuals just fade away.
After another long pause, Soroka gets up and walks slowly along the open path. Before the skinny body disappears in a dense patch of vegetation, she turns her head and looks in the direction of the two assistants. Sonya and Colin decide not to follow her any further and return to the abandoned nest, perhaps the last one Soroka built in her life.
 

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22. November 2024
Zizu und Zaina: ein weiteres Kapitel zur Geschwisterhilfe Familiensinn wird oft als ein besonderes Merkmal unserer eigenen Spezies angesehen und tatsächlich beschränkt sich bei nichtmenschlichen Primaten Fürsorge nahezu ausschließlich auf jene zwischen Mutter und Kind. Ausnahmen sind südamerikanische Krallenaffen bei denen Väter aktiv werden, sowie – bei einigen anderen Arten - ambitionierte Töchter, die sich gelegentlich um den jüngeren Nachwuchs der gemeinsamen Mutter kümmern. Affenmänner pflegen dagegen kaum oder überhaupt keine engeren Beziehungen zum Nachwuchs. Bonobos scheinen in diesem Punkt eine Ausnahme zu machen. Zwar treten auch hier Väter kaum in Erscheinung, sondern es sind einzelne junge Männer, die sich im Bedarfsfall um den Familiennachwuchs kümmern. Über das Geschwisterpaar Zizu und Zaina wurde an dieser Stelle vor zwei Jahren zum ersten Mal berichtet („Pflegenotstand bei Bonobos“). Nach dem Tod der gemeinsamen Mutter Zoe nahm sich deren jüngster Sohn Zizu (damals 12 Jahre als) seiner sieben Jahre jüngeren Schwester Zaina an. Die Chancen, dass Zaina den frühen Verlust der Mutter überleben würden, waren nicht schlecht, weil Zizu umgehend die Betreuung übernahm. Ungewiss war jedoch, ob das soziale Engagement des Bruders anhalten würde und ob Zaina schon in der Lage war, sich selbst mit Nahrung zu versorgen. Aus der anfänglichen Notfallversorgung ist eine dauerhafte Geschwisterbeziehung geworden. Die zwei jüngsten Nachkommen von Zoe sind unzertrennlich, verbringen viel Zeit mit gegenseitiger Fellpflege (Video) und durchstreifen gemeinsam den Wald von LuiKotale. Zaina ist jetzt sieben Jahre und kommt in das Alter, in dem Töchter normalerweise die Geburtsgruppe verlassen um sich einem benachbarten Verband anzuschließen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit, soziale Kontakte mit nichtverwandten Weibchen einzugehen, denn die Eingliederung in eine fremde Gruppe läuft in erster Linie über Frauen-Bündnisse. Die enge Bindung an den Bruder hat Zaina vermutlich geholfen, zu überleben, könnte sich aber erschwerend auf Ihre Fähigkeit, sich sozial zu vernetzen, auswirken. Allerdings ist der Gruppenwechsel nicht alternativlos und Zaina wäre nicht die erste, die sich dagegen entscheidet. Was auch immer passieren wird, die Geschichte von Zaina und Zizu bleibt spannend.
2. Oktober 2024
Bild 1/Figure 1: Camillo Kopf der Männerkohorte/ Camillo head of the male cohort
13. August 2024
Axel beim Soundcheck
16. Juli 2024
Bild 1: Abbildung 1: Oft dient der Kontakt mit der mütterlichen Brust lediglich der emotionalen Konsolidierung. Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab jedoch, dass ein fortgeschrittenes Entwicklungsstadium Jugendliche nicht daran hindert, Milch zu trinken, selbst wenn die Mutter ein jüngeres Kind säugt. Figure 1: Often, the main purpose of having nipple contact may be emotional consolidation. However, a recent study found that an advanced stage of development does not prevent immatures to consume milk, even when the mother has given birth to another infant.
19. Juni 2024
Bild 1: Fotos wie diese Aufnahme helfen dabei, auch unter weniger günstigen Beobachtungsbedingungen Individuen zu erkennen und tragen dazu bei, die Gesellschaft der Ekongo-Bonobos besser kennenzulernen.
8. Mai 2024
Sephora (links) mit Schülern und Lehrer einer Grundschule;  Sephora (left) with a cohort of school boys and their teacher
16. April 2024
Schwein gehabt ? Treten unterschiedliche Tierarten miteinander in Kontakt, geschieht das nicht unbedingt mit Absicht und der Nutzen ist häufig einseitig. Raubtiere kennen die Orte, die von Beutetieren aufgesucht werden, orientieren sich an deren Lautäußerungen oder ihrem Geruch. Ist die Jagd erfolgreich, dann wird das Beutetier entweder sofort vertilgt oder zum späteren Verzehr versteckt. Manchmal bringen Raubtiermütter die Beute lebend zum Bau um dem Nachwuchs Gelegenheit zu geben, Jagdverhalten zu üben. In solchen Fällen kann zwischen dem Fang der Beute und dem Verzehr einige Zeit vergehen, aber am Ende landet die Beute im Raubtiermagen. Wilde Bonobos, machen Jagd auf Waldantilopen, Affen und andere Säugetiere und teilen die Beute mit anderen Gruppenmitgliedern. Jagd und der Verzehr von Fleisch gehören also zum Verhaltensrepertoire der Art. Hin und wieder wurde beobachtet, dass ein Bonobo ein anderes Tier fängt und mit sich herumträgt, ohne dass diesem ein Haar gekrümmt wurde. Warum Bonobos Beute fangen und sie dann wieder laufen lassen, erscheint rätselhaft. Vielleicht geht es, ähnlich wie bei anderen Raubtieren darum, dass Jugendliche erste Erfahrung im Umgang mit Beutetieren sammeln müssen. In dem Fall würde man erwarten, dass das Katz-und-Maus-Spiel vorwiegend von unerfahrenen Jungtieren praktiziert wird, und dass sich am Ende andere Gruppenmitglieder der Beute bemächtigen. Beide Annahmen treffen durchaus nicht immer zu und liefern keine überzeugende Erklärung. Eine andere Vermutung ist, dass dem Jäger durch den Besitz eines potentiellen Beutetieres besondere Aufmerksamkeit zuteilwird. Dass sich daraus möglicherweise auch Vorteile für den erfolgreichen Jäger ergeben ist denkbar, bislang jedoch reine Spekulation. Unklar bleibt weiterhin, warum sich andere Gruppenmitglieder den begehrten Happen entgehen lassen. Das Spiel mit der Beute ist ein seltenes Ereignis und bislang ist kein Muster zu erkennen, welches das Rätsel lösen könnte. In einer Email die uns kürzlich aus dem Wald von LuiKotale erreichte berichtet Jay Haycock über eine solche Begebenheit die wir mit den Besuchern der Bonobo Alive Webseite teilen möchten (siehe Feldpost) . In diesem Fall fing ein jungerwachsener Bonobo mit Namen Gandhi einen Frischling (siehe Abbildung), spielte mit ihm und ließ das Ferkel am Ende wieder laufen. Ob die Beute ihre wiedergewonnene Freiheit auch überlebte, scheint angesichts der groben Behandlung jedoch fraglich. A lucky escape ? When different animal species come into contact, it does not necessarily happen intentionally and often the benefits are one-sided. Predators know the places that prey animals visit and are sensitive towards their vocal emmissions or their scent. If a hunt is successful, the prey is either eaten immediately or cached to be consumed at a later time. Sometimes females bring the prey alive to the den to give their offspring the opportunity to practise hunting behaviour. In such cases, a long time may pass between catching and eating the prey, but in the end, it always ends up in the predator's stomach. Wild bonobos hunt forest antelopes, monkeys and other mammals and share the prey with other group members. Hunting and the consumption of meat are therefore part of the species' behavioural repertoire. From time to time, bonobos catch another animal, carry it around without harming a hair on its head before letting it go. Why bonobos let the prey run away seems puzzling. Is it that immature bonobos animals need to gain experience of handling prey? In this case, one would expect that the prey-game is mainly practised by youngsters and that other group members take possession of the prey once the kid gets tiered of its toy. However, as adults have been seen to engage in such playful episodes, evidence does not support such a proposition. Another idea is that playful hunting generates attention that is, the game serves as an eye-catcher. Although purely hypothetical, it is conceivable that this could result in an advantage for the successful hunter. However, why everyone else is missing out on the coveted morsel remains unclear. The prey-play-game is a rare event and no pattern has yet emerged that would help solving the mystery. In a recent email from the forest of LuiKotale, Jay Haycock reports one such incident that we are happy to share with visitors to the BA website (see Forest mail) . In this case, a young adult bonobo (named Gandhi) caught a piglet (on the picture), played with it until the piglet managed to escape. Given the rough treatment, it remained unclear if the victim survived.
16. März 2024
März 2024 Justine Le Hingrat – Frontfrau in LuiKotale Der Tag im Forschungscamp LuiKotale wird in erster Linie durch die Bonobos bestimmt. Die Assistenten, die in den Wald gehen, absolvieren einen Arbeitstag von 12 bis 14 Stunden. Am folgenden Tag werden Daten übertragen, Proben versorgt und Füße mit Blasenpflastern versorgt. Damit das an 365 Tagen im Jahr funktioniert, braucht es eine Person, die ausschließlich für die Administration und Logistik zuständig ist. Ende 2023 hat Justine Le Hingrat diese anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Erste Erfahrungen mit einem solchen Multitasking-Job hat Justine in einem Naturschutzprojekt in der Republik Guinea und im Amazonaswald erworben. Die Fähigkeit, zu improvisieren und das Geschick, Forschungsinteressen, Naturschutz und soziale Belange unter einen Hut zu bringen, hatte Mama Justine, wie sie von den Mitarbeitern genannt wird, schon im Gepäck. Neu sind die logistischen Anforderungen, die Beschaffung von Lebensmitteln aus den Dörfern, die Bestellungen von Ausrüstung und Proviant für den nächsten Flug und die Bedürfnisse von Teams, die an verschiedenen Orten agieren. Bis zum Spätherbst bauen Forscher und Naturschützer darauf, dass Justine weder die Lust am Abenteuer noch die Geduld mit den immer wiederkehrenden Problemen lokaler und regionaler Administratoren verliert. Dann wird sie den Ausnahme-Job an einen Nachfolger übergeben und ist wieder frei, um sich ganz dem Schutz wilder Menschenaffen zu widmen. March 2024 Justine runs the show The day at the LuiKotale research camp is ruled by bonobos. The assistants who go into the forest complete shifts of 12 to 14 hours. The following day is needed to transfer data, samples have to be processed and feet require treatment with blister plasters. For this to work 365 days a year, one person is needed who is solely responsible for administration and logistics. Justine Le Hingrat took over the demanding task at the end of 2023. And she did not arrive unprepared. The expertise for a multitasking job comes from appointments that in a nature conservation project in the Republic of Guinea and a research job in the Amazon forest. Mama Justine, as she is called by the team, has a natural ability to improvise and the skill to reconcile research interests, nature conservation and “domestic affairs” of an international team. What is new perhaps are the logistical requirements, the procurement of food from distant villages, the ordering of provisions for the next flight and the different needs of multiple teams operating in different locations. Until late autumn, researchers and conservationists are counting on Justine neither losing her sense for adventure nor her patience with the recurring problems of local and regional administrators. Then she will hand over the exceptional job to a successor and be free to engage full time in the protection of wild apes.
21. Dezember 2023
Dezember 2023 Vom Regenwald an die Uni: Bonobo Alive fördert junge Frauen Sephora (Bild) ist 22 Jahre alt und hat im Herbst ihre Ausbildung an der Uni Kinshasa beendet. Aufgewachsen ist sie in Lompole, einem kleinen Urwalddorf am Rande des Salonga Nationalpark. In ihrem Alter haben Frauen die im Dorf bleiben bereits ein oder mehrere Kinder, verbringen die Tage auf dem Feld und kümmern sich um Haus und Hof. Neben der Versorgung der eigenen Familie helfen sie oft auch noch bei Verwandten. Sie sind der Motor, der das Leben in den Dörfern am Laufen hält, produzieren sie doch den Löwenanteil dessen, was im Dorf verzehrt wird. Für schulische oder berufliche Ausbildung bleibt da wenig Raum. Seit Bonobo Alive die Lehrer der Dorfschulen finanziell unterstützt, wird regelmäßig unterrichtet und fast alle Mädchen und Jungen absolvieren die Grundschule. Danach ist für die meisten von ihnen Schluss. Das Interesse an weiterer Ausbildung ist zwar groß, kostet jedoch Geld und bedeutet, dass die Jugendlichen vom Dorf in die Stadt ziehen müssen. Für Mädchen und junge Frauen stellt das ein besonderes Hindernis dar. Vor der Verheiratung zahlt der zukünftige Mann ein Brautgeld; für die Familie der Braut ist die Eheschließung also eine lukrative Angelegenheit. Aber die lange Ausbildung kollidiert mit dem traditionellen Rollenverständnis, verhindert sie doch, dass die junge Frau auch zügig die familiären Aufgaben übernimmt. Gemeinsam mit dem Verein „Rettet den Regenwald e.V.“ unterstützt Bonobo Alive junge Frauen bei ihrer beruflichen oder akademischen Ausbildung. Der Weg bis zum Abschluss ist lang und voller Hindernisse und die Ausbildungsförderung noch lange kein Garant für einen erfolgreichen Abschluss. Die Nachricht, dass Sephora, die seit langer Zeit gefördert wurde, ihre Ausbildung nun erfolgreich beendet hat, ist deshalb eine Erfolgsmeldung. Und die Chancen, dass ihr das Ökonomiestudium auch den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht, sind nicht schlecht. Trotz mangelnder Wirtschaftskraft boomt das Geschäftsleben in der Hauptstadt und die zahlreichen internationalen Organisationen sind ständig auf der Suche nach gut ausgebildeten Ortskräften. Für die anderen jungen Frauen, die derzeit durch die beiden Vereine auf dem Weg zu einem Berufs- oder Uni-Abschluss gefördert werden, ist Sephora ein Vorbild dafür, das gesteckte Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. December 2023 From the forest to the campus: Bonobo Alive promotes young women Sephora (photo) is 22 years old and has just finished her education at the University of Kinshasa. She grew up in Lompole, a small forest village on the edge of Salonga National Park. In the village, most of her age mates have one or more children, spend their days in the fields and are fully in charge of domestic affairs. In addition to running their own family, they are often obliged to help out relatives. It is women who keep life in the villages going; they produce the lion's share of what is consumed and cover the vast majority of childcare. Not surprisingly, there is little room left for education. Ever since Bonobo Alive started to support the teachers at the village schools, lessons are provided rather regularly and almost all girls and boys complete primary school. Thereafter however, education terminates for most of them. Although there is interest in more education, continuing with school costs money and means that the young people have to move from the village to the city. For girls and young women, this poses a severe obstacle. Before marriage, the future husband pays a bride wealth; for the bride's family, marriage is lucrative. Yet, the long period of training clashes with the traditional understanding of gender roles as it prevents young women from taking over the work load of running a household. Together with the association “Rettet den Regenwald e.V.” (Save the Rainforest), Bonobo Alive supports young women in their vocational and academic training. The road to graduation is long and full of obstacles, and educational support alone does not yet guarantee success. The news that Sephora, who has been supported for a long time, has completed her training is therefore a success story. And the chances that her economics degree will help her to find a job are not bad at all. Despite the lack of economic power, business life in the capital is booming and the many international organisations that operate in DRC are constantly on the lookout for well-trained staff. For the young women who are currently being supported by “Rettet den Regenwald” and Bonobo Alive, Sephora obtaining the degree is perhaps an incentive for holding on to an ambitious goal.
1. Dezember 2023
Blauducker sind so groß wie Feldhasen und werden von Bonobos häufig gejagt. Blue duikers have the size of a rabbit and account for a large proportion of prey species hunted by bonobos.
von websitebuilder 15. August 2023
Ein Sinn für 3D Das Säckchen sieht aus wie ein Utensil aus dem Spielzeugregal, es ist handtellergross, elastisch und mit Sand gefüllt. Ein Ende ist mit einer Nylonschnur verbunden. Jetzt nimmt Tanguy Deville die Schnur in die Hand, ein prüfender Blick in die Baumkrone, dann lässt er das Säckchen an der Schnur kreisen. Als er loslässt saust das Geschoss in die Höhe, zwanzig Meter oder mehr, dann floppt es über einen dicken Ast und gleitet auf der anderen Seite an den Boden. Tanguys Begleiter murmelt anerkennend. Es kommt selten vor, das der erste Schuss sitzt aber diesmal hat es auf Anhieb geklappt. Das Sandsäckchen hat die dünne Nylonschnur mitgenommen und über den Ast gespult. Damit wird jetzt das Kletterseil nachgezogen und am Boden gesichert. Jeder Handgriff sitzt und es dauert nicht lange, bis Tanguy den Brustgurt am Kletterseil einhängt. Bevor er sich selbst in die Höhe hievt, lässt er sich mehrmals ins Seil fallen um zu testen, ob der Ast, an dem das Kletterseil befestigt ist, auch hält. Der Baum, in den Tanguy sich jetzt hochhangelt, ist voller Früchte und wird in den nächsten Tagen und Wochen viele Besucher anlocken. Ein guter Ort also, um zu erfahren, welche Konsumenten die Nahrungsressource wann und wie lange nutzen. Dazu werden Kamerafallen in den oberen Ästen installiert die, unabhängig von der Tageszeit, das Geschehen im Kronendach aufzeichnen. Zwar ist der Aktionsradius einer Kamerafalle eingeschränkt, Regen und Kondenswasser können die Optik stören und nicht immer halten die Batterien mit denen sie bestückt sind, was der Hersteller verspricht. Dennoch sind Kamerafallen inzwischen fester Bestandteil ökologischen Feldstudien. Meistens werden sie am Boden benutzt, dann sind Installation und Wartung unkompliziert. Der Schritt in die dritte Dimension ist jedoch aufwendig. Erfahrene Baumkletterer sind selten, besonders dann, wenn der Einsatzort im tropischen Regenwald liegt. Und mit der Klettertechnik allein ist es noch nicht getan. Was Tanguy auszeichnet, ist sein Wissen über die Lebensgemeinschaft tropischer Regenwald, wie Pflanzen und Tiere miteinander interagieren, welche Bäume welche Nischen bieten und wo sich Tiere im dichten Blätterdach bevorzugt positionieren. Bei der jahrelangen Arbeit in den Tropenwäldern Südamerikas hat er sich einen besonderen Sinn für die dritte Dimension erworben. Dank dieser Erfahrung kann das Geschehen im Kronenbereich der Bäume im Wald von LuiKotale sehr viel genauer erfasst werden, als bisher. Welche Arten konkurrieren um Nahrung, wie häufig werden die Bäume von den gleichen Konsumenten aufgesucht und was passiert eigentlich in der Nacht? Bevor diese Fragen beantwortet werden können, wird Tanguy noch oft das Sandsäckchen werfen und in die Bäume steigen. Aber der Aufwand lohnt sich. Der Blick in die Kronen der Bäume hilft dabei, den Wald mit den Augen seiner baumlebenden Bewohner zu sehen. A sence of 3D The bag looks like a utensil from the toy shelf, it is small, handy and smooth. A yellow nylon cord is attached to one end. Tanguy takes the string in his right hand and takes a long look into the canopy of the target tree. Then he spins the bag a few times and let it go. The bag soars upwards, twenty meter or more, floats over a thick branch and returns to the ground. Tanguy's field assistant murmurs appreciatively. It is rare that the first shot fits, but this time it worked. He connects s the climbing rope to the thin nylon cord, pulls it over the over the carrying branch and secures the end on the ground. A few minutes later, Tanguy attaches the chest strap to the climbing rope. Before starting his ascend, he tests whether the branch holding the rope is strong enough to carry climber and the heavy backpack. The ascent to the canopy of the jungle giant can begin. The tree carries a large amount of fruit a source that is very likely to attract consumers for many days, perhaps weeks. This is the right place to find out how many species use the food resource, when and for how long. For this purpose, camera traps are installed in the upper branches to record precisely what is happening in the canopy regardless of the time of day. The range of action of a camera trap is obviously limited, rain and condensation can spoil the optics and the batteries powering the cameras do not always hold the promises of the manufacturer. Nevertheless, camera traps have become an integral part of ecological field studies. Installation and maintenance of the cameras on the ground is straightforward and has proven itself as a monitoring system for natural habitats. However, the step into the third dimension is challenging. Experienced tree climbers are rare, especially when it comes to work in tropical rainforests. And mastering the special climbing technique alone is not sufficient. What makes the work of Tanguy Deville so special is his intimate knowledge of the tropical rainforest, how plants and animals interact, which tree species are particularly important and which parts of the dense canopy consumers are likely to settle in. To acquire this rare combination of skills took many years of work in the tropical forests of South America. Meanwhile, Tanguy has developed a special sense for the third dimension. Thanks to his camera surveys, the life in the forest of LuiKotale can be recorded much more accurately than before. Which species compete with bonobos for food, how often are the trees visited by the same consumers and what happens at night? Before these questions can be answered, Tanguy will have to climb some more times into the trees. But the effort pays off. The close look into the canopy offers access to an environment that researchers and naturalists have only sensed from a worm’s-eye view. Now humans are able to see the forest through the eyes of its arboreal inhabitants.
von websitebuilder 1. Juli 2023
Mama Espe bringt Jäger und Forscher an einen Tisch Es ist 14 Uhr, das Dorf Nganda brütet in der Mittagshitze. Der Vorplatz der Krankenstation liegt im Schatten von Brotbäumen und Ölpalmen. Ein guter Ort, um den Studenten, die vor wenigen Tagen aus der Hauptstadt Kinshasa gekommen sind, die ersten Lektionen zur Arbeit unter Feldbedingungen zu erteilen. Vor der Abreise haben sie einen Crashkurs in Sachen Datenaufnahme erhalten; jetzt geht es um die Details. Mama Espe erklärt, worauf es in den kommenden Wochen und Monaten ankommt. Ihr voller Name ist Espérance Miezi Vuvu, für die Dorfbewohner am Rande des Salonga bleibt es jedoch bei der vertraulichen und gleichzeitig respektvollen Bezeichnung. Mama Espe hat schon früher im LuiKotale Bonobo Projekt gearbeitet. Sie war Camp Assistentin, hat die Frauen im Dorf zur Nutzung von Heilpflanzen befragt, Tropenmedizinern assistiert und gedolmetscht. Dann gab es eine längere Pause, in der sie sich um Familienangelegenheiten kümmern musste. Seit Mai ist sie wieder in den Dörfern am Rande des Salonga unterwegs, diesmal als Koordinatorin für ein Forschungsprojekt, zu dem sich die Universitäten in Kinshasa und Konstanz, sowie das MPI für Verhaltensforschung zusammengetan haben. Ziel der Recherche ist es, anhand genauer Angaben festzustellen, welche Mengen an Fleisch und Fisch jeden Tag in den verschiedenen Dörfern ankommen, nach welchen Regeln die Verteilung der Nahrungsgüter erfolgt, und ob die Ressourcen der umliegenden Wälder ausreichen, um den Eigenbedarf zu decken. Können die Dorfbewohner weiterhin so wirtschaften wie bisher, oder gefährden Jagd und Fischfang die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen? Esperance hat lange in Kinshasa gelebt, kennt aber auch die Probleme, mit denen die Bewohner der Urwalddörfer tagtäglich zu kämpfen haben. Nach dem Diplom hat sie in verschiedenen Naturschutzprojekten gearbeitet und weiß um die Bedeutung, die der kongolesische Regenwald für das globale Klima und die Artenvielfalt hat. Mit seinen 1,7 Millionen km 2 tropischem Regenwald und den Wassermassen der unzähligen Flüsse, ist die Demokratische Republik Kongo ein besonders wichtiger Partner im weltweiten Ringen gegen Klimawandel und Artenschwund. Während die Wälder am Amazonas inzwischen mehr CO2 abgeben als sie aufnehmen, ist die Bilanz im Kongobecken weiterhin positiv. Für die internationalen Umweltorganisationen hat der Schutz des Kongobeckens deshalb höchste Priorität und die Budgets, die dafür aufgewendet werden sollen, sind beachtlich. Umweltschutz ist im Kongo längst ein Politikum und könnte bald zu einem führenden Wirtschaftsfaktor werden. Esperance hat sich bei all dem einen pragmatischen Blick bewahrt und wenn sie mit den Leuten im Dorf zusammensitzt, dann leistet sie diplomatische Dienste. Ihr Mantra lautet: Natur- und Artenschutz sind mit den Bedürfnissen der Dorfbewohner durchaus vereinbar und das Bemühen, den Wald vor der eigenen Haustür zu erhalten, hat das Zeug, zu einem Geschäftsmodell zu werden. Mama Espe gets hunters and researchers on the same table It's 2 pm, the air above the village of Nganda flickers in the midday heat. The courtyard of the infirmary is shaded by bread trees and oil palms, the right place to give the students who arrived from the capital Kinshasa a few days ago a first lesson on working under field conditions. Before leaving, they received a crash course on data acquisition; now it's about the details. Mama Espe explains what matters in the coming weeks and months. Her full name is Espérance Miezi Vuvu, but the village people stick to the familiar and respectful nickname. Mama Espe has worked in the LuiKotale Bonobo project before. She was camp assistant, interviewed the women in the village about their use of medicinal plants, assisted a team of tropical doctors and served as interpreter. There was a longer break when she had to take care of family matters. Since May this year, she is touring again through the villages of the Bolongo area outside Salonga National Park. This time as coordinator of a research project involving the Universities of Kinshasa and Konstanz (Germany), as well as the Max-Planck-Institute of Animal Behavior. The goal of the project is to determine the amount of meat and fish arriving in the different villages each day, the rules governing the distribution of food items among villagers, and to what extend these forest resources are sufficient to meet the needs of the village community. Can villagers continue to exploit the forests in the current way or does hunting and fishing compromise the livelihoods of future generations? Esperance has lived in Kinshasa for a long time, but is also familiar with the daily challenges experienced by villagers. After graduating, she has worked in various conservation projects and is aware of the importance that the Congolese rainforest has for the global climate and biodiversity. With 1.7 million km 2 of rainforest and an incredible amount of water draining the basin, the Democratic Republic of Congo is a particularly important player in the global fight against climate change and species loss. While the forests of the Amazon basin emit more CO2 than they absorb, the Congo Basin maintains a positive balance and serves an important function for the global climate. Accordingly, the protection of the Congo Basin has top priority for international environmental organizations and the budgets that have been announced to be spent for preserving the mega-landscape are impressive. Environmental protection has long been a political issue in DR Congo and conservation could soon become an important economic factor. Esperance keeps a pragmatic eye on all this. When sitting together with the village people, her mantra is that (i) nature conservation is perfectly compatible with the needs of the villagers, and (ii) the effort to preserve forests and their flora and fauna has the potential to become a business model.
von websitebuilder 21. Mai 2023
Die Kommunikation mit dem Team im Camp von LuiKotale funktioniert über ein Funkgerät. Ein hoher Antennenmast sorgt dafür, dass die Signale aus der Lichtung über die Baumkronen nach Norden abstrahlen. In diesem Frühjahr häuften sich Nachrichten, die sonst eher selten sind: LuiKotale erlebt gerade einen Babyboom! In den ersten Monaten haben vier Weibchen Kinder geboren. Den Schwangerschaftstests nach zu urteilen, kommen noch drei weitere dazu. Bonoboweibchen bekommen alle vier bis sieben Jahre ein Kind. Die Verfügbarkeit von Futterpflanzen und andere Umweltparameter ändern sich auch in den äquatornahen Regenwäldern und können saisonale Unterschiede in der Fortpflanzung zu Folge haben. Das Geschehen im Wald von LuiKotale unterscheidet sich allerdings von den Beobachtungen anderer Forscher insofern, als die Häufung der Geburten nicht mit einer bestimmten Jahreszeit in Verbindung steht. Bei Menschen, die in gemäßigten Zonen leben, verursachen Festtage wie Weihnachten zu einem Anstieg der Geburten. Ähnliche Effekte wurden durch die veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen am Beginn der Corona Pandemie ausgelöst. Derzeit wird in den Aufzeichnungen des letzten Jahres nach Hinweisen gesucht, die den Babyboom erklären könnten. Bonobos feiern zwar keine Feste, was aber nicht bedeutet, dass es nicht doch soziale Faktoren sind, die auffällige Schwankungen im Fortpflanzungsverhalten verursachen. Änderungen in der Nahrungsverfügbarkeit und, damit einhergehend, der Zusammensetzung und Größe der Gruppen kommen als Auslöser in Frage. Andererseits können auch Klimaänderungen einen Einfluss haben. Es ist bekannt, dass sich Hitzeperioden negativ auf die weibliche Fertilität auswirken können und so wäre denkbar, dass besonders hohe Temperaturen in der Trockenzeit im Sommer 2022 ein Art „Paarungsstau“ verursacht haben und, nach Abklingen der hohen Temperaturen, die Weibchen innerhalb kurzer Zeit schwanger geworden sind. Die Suche nach den biologischen Ursachen für die Serie an Geburten wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Fest steht, dass die Bonobopopulation im Wald von LuiKotal derzeit immer jünger wird, für den Schutz einer bedrohen Menschenaffenart durchaus eine gute Nachricht. Communication with the team in the LuiKotale forest is done via short wave radio. A high antenna mast helps that the signals find their way out of the forest clearing. The mails from the forest inform those project members working in Europe about current events. This spring, one type of news that is usually rare was piling up: LuiKotale is experiencing a surge of births! In the first months of 2023 four females gave birth and based on the monthly check with pregnancy tests, three other females are expected to give birth. Bonobo females give birth every four to seven years and the average number of birth per year is two. The availability of food plants and other environmental parameters may change in rainforests near the equator and could cause seasonality in reproduction. However, what happens in the LuiKotale forest looks different from the common pattern of seasonal breeding. It does not look as it would be a particular time of the year that sticks out. Instead, it is the number of females giving birth within a short interval. In humans, holiday seasons such as Christmas are known to cause an increase in births and similar effects were triggered by the changes in living and working conditions at the beginning of the Corona pandemic. Currently, last years’ field data are screened for hints that could explain the current baby boom. While bonobos do not celebrate festivals, it may well be that the baby boom is caused by social factors. Changes in food availability are likely to affect composition and size of the groups and the spatial distribution of fertile females may synchronize mating and reproductive physiology. While the search for the biological causes of the baby boom goes on, it is safe to say that the bonobo population of LuiKotale is currently getting younger, a development that is good news for an endangered primate species.
1. April 2023
Traditionelle Jagd: nachhaltige Überlebensstrategie oder Gefahr für den Artenschutz ? Menschen sind Raubtiere, die Jagd hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. In einer Zeit, in der vegane Lebensweise Konjunktur hat, ist diese Auffassung nicht gerade populär. Anthropologen und Evolutionsbiologen vertreten jedoch die Meinung, dass Beutemachen und Fleischverzehr folgenschwere Schaltstellen in der Entwicklung unserer Spezies waren. In den Urwalddörfern im Kongobecken sind Jagd und Fischfang bis heute gängiges Handwerk. Wie in vielen anderen Kulturen auch, ist das Jagen Männersache. Speere, Pfeil und Bogen sowie einfache Jagdgewehre werden selbst hergestellt. Das Festhalten an den traditionellen Jagdmethoden reicht aus, um den Eigenbedarf der Dorfbevölkerung zu decken. Unklar ist allerdings, inwieweit das Vorgehen auch nachhaltig ist oder ob einzelne Wildtierarten dadurch gefährdet sind. Naturschützer plädieren in der Regel dafür, die Jagd gänzlich zu verbieten. Für eine Gesellschaft, die seit Generationen im und vom Wald lebt, sind solche Einschränkungen aber unverständlich. Um den Wald im Grenzbereich des Salonga langfristig zu schützen, müssen auch die Belange der Dorfbewohner berücksichtigt werden. Um den Einfluss der traditionellen Jagd auf das Vorkommen von Wildtieren abschätzen zu können, benötigt man Zahlen zum Vorkommen von jagdbarem Wild einerseits und dem Jagdverhalten der Dorfbewohner andererseits. Bislang existieren derartige Studien für den Salonga, dem größten Schutzgebiet auf dem afrikanischen Kontinent, nicht. In den kommenden Monaten werden Studenten der Universität Kinshasa und Forscher des LuiKotale Bonobo Projektes Informationen sammeln, die Auskunft darüber geben können, welche Auswirkungen die traditionelle Jagd für den Eigenbedarf der Dorfbevölkerung auf das Vorkommen von Wildtieren hat. Wie groß ist der Aufwand, um den Bedarf der Dorfbevölkerung zu decken? Wie viele Familien profitieren von dem erjagten Wild und welche Rolle spielen Jäger in der Dorfgesellschaft? Müssen die Jäger in Zukunft Schonzeiten beachten oder bestimmte Arten ganz von der Suchliste streichen ? Antworten auf diese Fragen sind für den langfristigen Schutz der Wildtiere im Salonga von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig geben sie Einblicke in das Leben jener Menschen, die Teil eines Lebensraumes sind, in dem seltene Tier- und Pflanzenarten bis heute überlebt haben. Manche der traditionellen Jagdwaffen sehen aus wie Holzspielzeug. Für die Jagd auf kleinere Säugetiere reichen leichte Bögen und mit Pflanzengift präparierte Pfeile. Can traditional hunting be sustainable ? Humans are predators, hunting has made us what we are today. In a time when vegan lifestyles are booming, this view is not particularly appealing. Anthropologists and evolutionary biologists believe, however, that hunting and meat-eating were critical turning points in the evolution of our own species. Hunting and fishing are still common in the forest villages across the Congo basin. As in many other cultures, hunting tends to be man's business. Spears, bow and arrow as well as simple hunting rifles are self-made and adherence to traditional hunting methods seems sufficient to meet the needs of village populations. However, to what extent the approach is sustainable or whether certain wildlife species are endangered, remains to be explored. This information is essential for the long-term planning of the conservation efforts of the Salonga. Conservationists usually advocate a complete ban on hunting. However, for a society that has lived in and from the forest for generations, such restrictions are incomprehensible. In order to protect the forest in the buffer zone of Salonga, the concerns of the village population must be taken into account. Determining the impact of traditional hunting on wild animal populations requires quantitative data on the occurrence of game animals on the one hand, and the hunting behaviour of villagers on the other. For the Salonga, the largest protected area on the African continent, this information is lacking. To close this critical gap, students from the University of Kinshasa and researchers from the LuiKotale Bonobo project will soon start collecting information on the impact of traditional hunting on the local population's own needs on the availability of wild animals. What hunting effort is required to meet the nutritional needs of the village population? How many families benefit from the hunted game and what role do hunters play in village society? Do hunters have to observe times when hunting certain species will be banned? These and other questions will provide insight into the lives of people who are part of a habitat in which rare animal and plant species still survive. For hunting smaller mammals, light bows and arrows prepared with plant poison are sufficient.
2. Februar 2023
Pflegenotstand bei Bonobos Affenkinder werden als Nesthocker geboren die ohne ständige Betreuung und massive Unterstützung nicht überleben. Mütter sind 24 Stunden im Einsatz und fungieren nicht nur als Tankstelle und Transportvehikel, sondern stellen eine Ressource bereit, die sich am besten mit sozialer Fürsorge beschreiben lässt. Die intensive Kinderbetreuung ist energetisch äußerst kostspielig und limitiert den Reproduktionserfolg der Weibchen. Das intensive Langzeitengagement lohnt sich also nur, wenn es die Überlebenschancen des Nachwuchses verbessert. Männern scheint die sprichwörtliche „Affenliebe“ fremd. Ihr Beitrag zum Überleben des Nachwuchses besteht in erster Linie im Schutz vor Raubfeinden und gruppenfremden Artgenossen. Die geschlechtsspezifische Rollenaufteilung entspricht zwar der Norm, ist aber nicht unumstößlich. Im Notfall kann Mann mehr! Zizu ist jetzt fast 13 Jahre alt und gehört zur Westgruppe der Bonobos im Wald von LuiKotale. In der gleichen Gruppe leben seine Geschwister Ben, Zed und Zaina. Als Mutter Zoe vor gut einem Jahr verschwand, verloren die vier Geschwister von einem Tag auf den anderen ihre stärkste Verbündete. Unabhängig vom Alter ist für Bonobos der Verlust der Mutter sicher ein Trauma. Für Kinder ist das Ereignis lebensbedrohlich. Hoffnung besteht nur, wenn es Verwandte gibt. Zaina war fünf Jahre alt, als Zoe starb. Sie konnte laufen, klettern und wusste auch, wie man sich Nahrung beschafft. Dennoch wurde sie von Zoe noch oft getragen und nachts verschwand sie im Schlafnest der Mutter. Schon wenige Tage nach Zoes Tod übernahm Zizu die Rolle der Mutter. Anfänglich kümmerten sich auch noch junge Weibchen um Zaina, aber schon nach kurzer Zeit hatte der Bruder die Pflege seiner Schwester im Griff. Inzwischen ist das Geschwisterpaar unzertrennlich. Zaina, die anfänglich apathisch und physisch stark geschwächt war, scheint über den Berg zu sein. Und Zizu demonstriert tagtäglich ungewöhnliche Kompetenzen. Macht sich die Gruppe auf den Weg, dann wartet er, bis Zaina auf seinem Rücken sitzt. Ist der Einstieg in einen Futterbaum schwierig, hilft er der Schwester in die Baumkrone. Täglich kümmert er sich um die Fellpflege und am Abend baut er ein Nest, in dem Platz für zwei ist. Ob männlichen Bonobos die Aufzucht von Jungen „in die Wiege gelegt ist“ erscheint fraglich. Aber Zizu zeigt, wie anpassungsfähig das Verhaltensrepertoire von Primaten ist und wie wichtig die Anwesenheit älterer Geschwister sein kann. Male bonobos care Primates are born in a premature stage of development and would not survive without intensive parental care. Mothers are on duty 24 hours a day; they provide nutrition and transport as well as social welfare, a service whose significance becomes visible when it is missing. Intensive parental care is energetically expensive and, as a consequence, limits the reproductive success of females. However, if it improves the chances of survival of the offspring, the intensive long-term engagement becomes worthwhile. Males appear to lack traits of parental behaviour. Their contribution to the survival of offspring consists primarily in protection from predators and aggression from conspecifics. While this type of sex-specific division of parental effort appears to be normative, it is not necessarily a fixed trait. In emergency cases, males can do more! Zizu is a male bonobo of almost 13 years and belongs to the West-Group that ranges in the forest of LuiKotale. His siblings are Ben, Zed, two adult males, and his sister Zaina, all of them residing in the same community. When Mother Zoe disappeared one year ago, the four siblings lost their strongest ally. Regardless of age, the loss of the mother is certainly one of the strongest trauma in the life of a bonobo and for infants, the event is life-threatening. The only hope is the presence of relatives. Zaina was five years old when Zoe died. She could walk, climb and knew how to get food. Nevertheless, when the group moved fast, she was still carried by Zoe, and at night she disappeared into her mother's nest. A few days after Zoe's death, Zizu took over the role of the mother. Initially some young females assisted in caring for Zaina but after a short time, the brother took over the care of his sister. Today, the siblings are inseparable. Zaina, who was initially apathetic and physically exhausted, seems to be out of the risk zone. And Zizu shows skills that are rarely performed by male primates. When the group sets off, he waits for Zaina and offers a ride on his back. If the group enters a food tree that is difficult to access, Zizu makes sure that his sister finds her way in. He is the most important grooming partner of his sister and in the evening he builds a nest with room for two. Whether or not the parental effort is part of the behavioural repertoire of male bonobos remains to be seen. What Zizu demonstrates however, is an unusual extend of behavioural plasticity and the advantage of living together with older siblings.
1. Januar 2023
Zwei Jahrzehnte Bonobo-Schutz in LuiKotale Weltweit sind Wildtiere gefährdet und die Hochrechnungen von Naturschutzbehörden können alarmierender nicht sein. Besonders groß ist die Gefahr für Arten, die eine langsame Entwicklung durchmachen. Dazu gehören Elefanten, Wale und alle Menschenaffen. Intensive Bejagung und der fortschreitende Verlust intakter Lebensräume erzeugen eine gefährliche Mixtur, die den Fortbestand der meisten Arten bedroht. Orang-Utans überleben inzwischen nur noch in wenigen, kleinräumigen Refugien und den afrikanischen Menschenaffen ergeht es kaum anders. Wo und wie viele Bonobos im Kongobecken heute noch leben ist nicht bekannt und die kursierenden Bestandszahlen sind Anlass für düstere Prognosen. Im Wald von LuiKotale ticken die Uhren etwas anders. Seit dem Beginn der Feldstudien im Jahr 2002 beobachten Forscher und Naturschützer die Mitglieder der Bompussagruppe, benannt nach einem Urwaldfluss im Osten ihres Streifgebietes. Neben der Forschung ist der Erhalt des natürlichen Lebensraumes mit seiner artenreichen Tier- und Pflanzenwelt ein vordringliches Anliegen. Innerhalb von zwanzig Jahren hat sich die Größe der Studiengruppe verdoppelt. Verursacht wird der ungewöhnliche Bevölkerungszuwachs durch konstante Geburtenzahlen, geringe Sterblichkeit und die steigende Zahl fortpflanzungsfähiger Weibchen. Die biologischen Ursachen für die positive Entwicklung sind derzeit noch unklar. Eine mögliche Erklärung ist, dass zu Beginn der Forschungen vor 20 Jahren die Gruppe durch Jagd stark dezimiert war und sich nach und nach davon erholt. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Gruppengröße zunimmt weil vermehrt junge Weibchen aus entlegenen Gebieten mit hohem Jagddruck zuwandern. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Gruppen, die an Menschen gewöhnt sind, benachbarte Gruppen verdrängen und sich so neue Nahrungsgründe erschließen. In Folge der besseren Ernährung könnte die Sterberate ab- und die Geburtenrate zunehmen. Was das Anwachsen der Bonobopopulation im Wald von LuiKotale in jedem Fall zeigt, ist, dass die ständige Anwesenheit von Menschen, die sich tagtäglich an Ort und Stelle für den Erhalt des Lebensraumes und die Sicherheit von Wildtieren einsetzen, eine wirksame Methode ist, dem Artensterben zu begegnen. Two decades of bonobo protection in LuiKotale The decline of wild animal populations and the threat of extinction are global issues and current predictions of conservation organizations could not be more alarming. Species that experience a slow development and slow rate of reproduction are at particular risk. This cohort includes elephants, whales and apes. Intensive hunting and the progressive loss of intact habitats create a dangerous mixture that threatens the survival of most species. Today, orangutans survive only in a few forest refuges and the situation for African great apes is not very different. How many bonobos still live in the Congo Basin is unknown, and wherever numbers are mentioned, they give no reason for optimism. In the forest of LuiKotale the clock seems to tick a bit different. Since the beginning of field studies in 2002, researchers and conservationists follow wild bonobo daily and by doing so, protect them from hunting. At the same time, their presence helps preserving the natural habitat, its diverse flora and fauna. Since 2002, the size of the Bompussa community (see video), named after a small forest stream in the East of the community range, has doubled. This unusual population growth can be caused by different factors such as a constant birth rates, low mortality and the increasing number of reproductive females. While the causal reasons for the positive development remain to be explored one reasonable explanation is that at the beginning of field work, hunting had reduced group size and what is seen now reflects a gradually recovery. Another possibility is that the group size increases because more young females migrate from remote areas with high hunting pressure. Moreover, a group that is consistently accompanied by humans may displace neighbors and by doing so, acquire new food sources. As a result of improved nutrition, mortality rates may decrease and/or birth rates increase. Whatever the reason may be, the growth of the bonobo population in the LuiKotale forest indicates that the permanent presence of people and the related effort to protect natural habitat and the safety of wild animals, is an effective approach to counter the ongoing loss of
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